Rezension Johannes Fries

Die Rheinpfalz

Das neue Album von Schlagzeuger Johannes Fries

21. September 2025
Unter Musikern ist Schlagzeuger Johannes Fries sehr geschätzt. Aber er geht auf keine Bühne. Nun hat er ein neues Album veröffentlicht.

Johannes Fries ist ein Geheimtipp – aber kein Newcomer. Er ist 73 Jahre alt und lebt in Edenkoben. Aufgewachsen ist er in Speyer, wo er noch sein Studio im Stage Center in der Hasenpfühler Weide hat. Hier arbeitet und unterrichtet er. Söhne-Mannheims-Drummer Ralf Gustke hat bei Johannes Fries Unterricht gehabt, ebenso Tommy Baldu, Marcel Millot und Bodek Janke. Alles hoch angesehene und bekannte Schlagzeuger. Am 15. September erschien sein Doppelalbum „Travel with me/Triology“. Es ist das vierte, seit er vor zehn Jahren angefangen hat, sich mehr auf seine eigene Musik zu konzentrieren. Wer schon etwas von seinen Aufnahmen gehört hat, wird sich wundern: Warum ist Fries nicht viel bekannter? Warum kann man ihn nirgendwo live hören?

Als Schlagzeuger war Fries ein Spätberufener. Er war schon 20 Jahre alt und Student der Sozialpädagogik, da besuchte er ein Konzert des norwegischen Jazz-Saxofonisten Jan Garbarek. In Garbareks Band spielte Jon Christensen das Schlagzeug. Das Konzert war wie eine Erweckung für Fries. „Ich wusste sofort: Das muss ich machen. Schlagzeug spielen. Es geht nicht anders“, erzählt er heute. Bis dahin Rock-Fan, hörte er jetzt Jazz und Jazz-Rock, Fusion.

„Um Leben und Tod“

Er nahm Unterricht, zunächst bei Walter Hilsendegen. Der Mannheimer Drummer bescheinigte ihm großes Talent. Dann wollte er Unterricht bei Peter Giger, damals mit seiner Family of Percussion international bekannt. Giger wollte keinen weiteren Schüler. „Ich habe nicht locker gelassen und ihm erklärt, für mich geht es um Leben und Tod“, erzählt Fries. Und Giger ließ sich erweichen, hörte sich Fries an – und war überzeugt von seinem Talent. Fünf Jahre unterrichtete er ihn. Später nahm Fries Stunden bei Größen wie Trilok Gurtu und Alphonse Mouzon. Gitarrist Werner Goos gründete zusammen mit Fries die Formation Namaz, die virtuosen Jazzrock spielte, weitere Engagements folgten. Mit Größen wie Albert Mangelsdorff, Lance Burton, Scott Allan und Knut Rössler trat Fries auf.

Dann geschah Mitte der 1980er-Jahre etwas, das sein Leben verändern sollte: Auf der Bühne brach er bewusstlos zusammen. „Ich hatte im Probenraum einen Schimmelpilz eingeatmet, der sich in meiner Lunge ausgebreitet hat“, erklärt Fries. Es dauerte lange, bis seine Lunge wieder in Ordnung war – aber das Trauma hat er nicht überwunden. Bis heute, zu seinem großen Bedauern. So verlegte sich Fries auf das Unterrichten und Arbeiten in Studios. Sein erstes Werk unter eigenem Namen ist das Album „Pictures of my Life“ im Eigenverlag, es folgten bei Rodenstein Records die Doppelalben „My Playground“ (2019) und „Plucky Proof“ (2022).

Komponist, Keyboarder, Sprecher, Sänger

Auch für das neue Album hat er Musiker eingeladen. Es sind unter anderem die Sängerin Jutta Glaser, der französische Gitarrist David Gutttierez, die Saxofonisten Alberto Menendez und Johannes Barthelmes und Rodenstein-Label-Chef Olaf Schönborn dabei. Gleich bei mehreren Stücken spielt Joo Kraus mit, einer der bekanntesten deutschen Jazztrompeter. Fries zeigt sich bei seinen Produktionen nicht nur als Schlagzeuger und Perkussionist auf unzähligen Instrumenten, er hat auch alles komponiert, spielt Keyboards und singt und spricht auch.


Das Wesentliche seiner Musik ist der Flow. Als Hörer wird man in die Musik hineingezogen. Natürlich sind Grooves ein wichtiges Element – aber auf eine besondere Art. Fries spielt auch gerne ungerade und zusammengesetzte Taktarten. Doch während bei anderen ein Sieben-Viertel-Takt oft eine Art Schluckauf hat, klingt bei Fries alles fließend. Nicht nur damit zeigt er einen afrikanischen Einfluss, auch Instrumente wie Kalimba (das afrikanische Daumenklavier) oder das afro-brasilianische Berimbao (ein Bogen mit einer Metallsehne) und viele weitere Instrumente erinnern an afrikanische Musikstile. Zum Flow trägt auch bei, dass Fries in seiner Musik viele verschiedene Klänge und Rhythmen verschränkt, verschachtelt oder übereinander legt. Es gibt immer wieder auftauchende Motive, die sich abwechseln in verschiedenen Instrumenten. Es geht manchmal extrem virtuos und dynamisch zur Sache, gibt aber auch ruhige, nachdenkliche Passagen. Viele Stücke bestehen aus mehreren, teils sehr kontrastierenden
Teilen. Die Musik lädt dazu ein, sich in den Flow fallen zu lassen, immer wieder Details zu entdecken. „Klar hat das was von Trance“ bestätigt Fries. Am besten sei es, sich ganz auf das Fühlen der Musik einzulassen.
Gereon Hoffmann

Plucky Proof, Rodenstein Records ROD 80

nrwjazz.net, das jazzportal für Nordrhein-Westfalen
Bei Johannes Fries stimmt der Groove! Der Schlagzeuger und Perkussionist legt mit „Plucky Proof“ ein vorzügliches Doppelalbum zwischen Fusion, Funk und afrikanischen Rhythmen vor. Das klingt dann mal treibend und sehr groovig, dann wiederum super entspannt. Immer aber hat Fries das Songmaterial sehr interessant arrangiert. Und immer mit von der Partie ist Saxofonist und Labelchef Olaf Schönborn. Klanglich gibt es auch nichts zu meckern.
Ein echter Hörtipp!


concerto Magazin, Östereich, 01/2024
Besorgen Sie sich dieses Doppelalbum und Sie kommen weit über den Sommer hinaus, wenn es wieder zu herbsteln beginnt, mit einer riesigen Portion an Groove, Elektro-Dance-Beats, R&B, diversen Jazz-Styles und knochenhartem Funk aus. Diese Medikation kann sie wach rütteln, verschönert Ihnen Tage, die absolut nur Ärger über Sie schütteten und impft Ihnen wieder Hoffnung ein, dass dynamische Musik wie auf „Plucky Proof" oft lebensnotwendig ist. Der Drummer und Perkussionist Johannes Fries aus Speyer, ein. routinierter und virtuoser Rhythmiker scharte eine Studioband um sich, die diesem von Perkussion und Schlagzeug dominierten Sound folgen kann.

Darunter u.a. Olaf Schönborn, Gründer von Rodenstein Records, mit seinen Saxophonen, Markus Zimmermann, bekannt aus Grönemeyers Band, ein toller Sänger und Pianist, oder der spanische Tenorsaxofonist Alberto Menendez. Die 18 Tunes sind ein Konglomerat an afrikanischer Polyrhythmik, rhythmischen Verschiebungen oder Crossbeats. Unterm Strich ist das Album ein Feuerwerk an Getrommel und coolen Sounds, die Sprechtexte inkludieren, arabische Tonskalen verarbeiten und durch sphärische Ritualgesänge Stimmungswechsel entfachen. Tapas wären z.B.„In The City" mit Vocoder-Gesang oder „Plucky Proof" mit orientalischen Phrasen. Diese 20-minütige Reise muss man gemacht haben. Ein souliges Highlight: „Ego Trippin": Ein herrlicher Start dem Frühling entgegen.


www.virgin-jazz-face.de/cd-besprechung.html
Bei Johannes Fries stimmt der Groove! Der Schlagzeuger und Perkussionist legt mit „Plucky Proof“ ein vorzügliches Doppelalbum zwischen Fusion, Funk und afrikanischen Rhythmen vor. Das klingt dann mal treibend und sehr groovig, dann wiederum super entspannt. Immer aber hat Fries das Songmaterial sehr interessant arrangiert. Und immer mit von der Partie ist Saxofonist und Labelchef Olaf Schönborn. Klanglich gibt es auch nichts zu meckern.
Ein echter Hörtipp!

Jazz: Johannes Fries und sein neues Doppelalbum „Plucky Proof“

Am 17.07.2023 ist Johannes Fries von 21:00 - 23:00 Uhr beim Bermudafunk zu Gast.

Infos und Livestream finden Sie auf bermudafunk.org

 

Rhythmus und Seele

Ist es die direkte Konfrontation des Menschen mit dem Schicksal? Diese Frage stellt man sich angesichts der schemenhaften Covergestaltung des neuen Doppelalbums „Plucky Proof“ von Johannes Fries. Wie in seinen beiden vorherigen Produktionen zeigt sich auch hier, allerdings mit mehr Brisanz, die Auseinandersetzung mit dem Selbst. Liebe, Tod, Trauer und Wut bilden Eckpunkte innerhalb dieses Werks, wobei Fries dem Prinzip der Hoffnung und des Ausblicks ebenso Platz einräumt und dies auf musikalischer Ebene mit seiner ihm ureigenen impulsiven Spielfreude über die Gesamtheit des Albums zum Ausdruck bringt. Schon zu Beginn bei „Dance or Die“, in zynischer Betitelung Grenzbereiche menschlicher Existenz anreißend, zeigt sich im Thema „Tanz“ einmal mehr seine musikalische Verortung in afrikanischen Kulturen, deren spiritueller Umgang mit Rhythmus und Melodie für Fries den geistigen Grundstein seines Schaffens bildet. Afrikanische Polyrhythmik, Crossbeats und rhythmische Verschiebungen verknüpft er virtuos mit US-amerikanischen Jazz-Styles, Funk und R&B bis hin zu Elektro-Dance-Beats und entwickelt damit seinen unverkennbaren Schlagzeugstil. Auch wenn die Kompositionsstruktur etlicher seiner Stücke durch ihre aufeinanderfolgenden, stilistisch und dynamisch oft extrem divergierenden Passagen zu Anfang etwas irritieren mag, fühlt man sich dabei doch sofort an Formen europäischer Klassik erinnert. Dies verleiht seiner Musik eine eigentümlich „globale“ Charakteristik. Auch spiegelt dieses Prinzip auf anderer Ebene die möglichen kontrastierenden Brüche menschlicher Gefühlswelten wider. Man merkt den Songtiteln dieses Albums durchweg ihre persönlichen Bezüge an, was sich am Intensivsten beim titelgebenden Stück „Plucky Proof“ zeigt. Fries verarbeitet hier tiefe Erlebnismanifestationen. Sprechtexte, arabische Tonskalen, sphärische Ritualgesänge, oszillierende Orgel- und Keyboardteppiche, einnehmende Saxophonlinien und Kalimba- klänge bilden den Rahmen für sein Schlagzeugspiel, das sich langsam aufbäumend, in pulsierend brodelnden Kaskaden verlierend und einem an Exzessivität kaum zu überbietenden Solo letztendlich als offenes Fenster zur Seele erleben lässt. Mit der elegischen Ode Markus Zimmermanns „...every Day is a Plucky Proof“ endet das in sich diverse, dennoch geschlossene Ganze. Man wird still danach, sehr still.

Dass Johannes Fries auf diesem Album nicht nur rhythmisch unterwegs ist, beweist er mit seinen Keyboard-Parts und seinen Voices, die auch zumeist als tonale Vorgabe für den Bläsereinsatz Verwendung finden. Die Saxophonisten Olaf Schönborn, Alberto Menendez und Knut Rössler, Michael Quast und Markus Zimmermann an Piano und Keyboards, Letzterer auch als herausragender Soul-Vocalist, runden mit ihren brillanten Beiträgen das Ensemble dieses Albums ab, partiell noch ergänzt von Melanie Hanke mit ihren dezenten, sensiblen Gesangseinlagen.

 

Fazit:

Ein überaus bemerkenswertes Jazz-Album voller Enthusiasmus, Individualität und Verve.

Und ein Gegenentwurf zu derzeitigen Tendenzen zwischen Minimalismus und Dystopie.

Herausragend.

- Thomas Bußjäger

 

                                                                                                                      

 

Das sagt die Presse über das neue Album "My Playground" von Johannes Fries: